Water Makes Money

Donnerstag, den 01. Juli 2010 um 00:00 Uhr Redaktion
Drucken

Ein Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz, in Zusammenarbeit mit Jean Luc Touly, Marc Laimé, Christiane Hansen, Markus Henn und Aquattac - finanziert von zahllosen SpenderInnen, eine Kernfilm-Produktion in Koproduktion mit ARTE, 2010, 90 Minuten

Die französischen Konzerne Veolia und Suez sind die Platzhirsche im wachsenden Weltmarkt der privaten Wasserversorgung. Auf allen fünf Kontinenten sind sie präsent, kaum eine Woche vergeht ohne neue Erwerbungen. Doch ausgerechnet in ihrem Heimatland Frankreich wird ihnen jetzt der Boden heiß. Anfang 2010 mussten beide Konzerne in ihrem Hauptsitz Paris die Wasserversorgung zähneknirschend an die Stadt übergeben und sich auch aus Rouen zurückziehen. Demnächst folgen voraussichtlich Bordeaux, Toulouse, Montpellier, Brest und viele andere, die ihr Wasser wieder in kommunale Hand nehmen wollen.

Warum ein derartiger Gesichtsverlust ausgerechnet in Frankreich, wo sie schon viele Jahrzehnte aktiv sind und noch immer rund 80% der Bevölkerung versorgen? Am Beispiel von Paris, Bordeaux und Toulouse zeigt der Film, wie es dazu kommt – und warum die Menschen zuvor den Privaten so lange vertraut haben. Ein Vertrauen, das sich vielerorts als Erblindung bestochener Volksvertreter erwiesen hat. Jetzt blubbert die Wahrheit über das Finanzgebaren der Konzerne an die Oberfläche: Wasserzähler werden dem Kunden faktisch doppelt berechnet.

In Rechnungen stehen Kosten für den Austausch von Bleileitungen, die tatsächlich nur zu einem Bruchteil erfolgen. Oder ein Fixum für die Wartung der Rohre wird gezahlt, aber Veolia wendet nur einen Teil dafür auf. Und wenn ein Rohr dann wegen der ungenügenden Pflege bricht, gilt das als Neuanschaffung, die der Verbraucher noch einmal extra bezahlen muss. Dies sind nur einige Beispiele. Zusammengenommen generieren sie Extraprofite, die in den meisten Städten im dreistelligen Millionenbereich liegen und sich auch in den Wasserpreisen widerspiegeln. Bei privaten Betreibern sind sie in Frankreich um 20-60% höher als bei öffentlichen. Ein ähnliches Bild bei den Leckagen: Bei den Privaten versickern 17-44% des Wassers durchs löchrige Rohrnetz, bei den Öffentlichen sind es nur 3-12%.

Skandalös sind auch die üblichen geheimen Deals der Wassermultis mit den Kommunen: Der Konzern kauft sich bei der Gemeinde ein, damit er das Wasser bzw. Abwasser betreiben darf. Diese 200-300 Mio. € oder mehr gelten als Kaufsumme oder auch als Geschenk an die Kommune. Die Bürgermeister punkten damit vor ihren Wählern, senken die lokalen Steuern, verringern die Schulden oder bauen ein Kongresszentrum. Doch unglaublich aber wahr: diese Zahlung des Konzerns ist in der Regel nur ein Kredit, der von den Wasserkunden über 20-30 Jahre mit Zins und Zinseszins in dreifacher Höhe zurückgezahlt werden muss. Beispiele in Frankreich und im deutschen Braunschweig machen ein System sichtbar, das den Wasserkonzernen erlaubt, ihren globalen Expansionskurs zu finanzieren – ein System, das so viele Franzosen motiviert, die Rückkehr zur kommunalen Verwaltung anzustreben.

Dabei ist das Gefühl, für globale Ambitionen ausgenutzt zu werden, für viele Franzosen schon fast zweitrangig. Noch schockierender ist die Tatsache, dass in Frankreich die Ressource Wasser mittlerweile in einem bedenklichen Zustand ist. Offizielle Zahlen belegen, dass in 97% der oberirdischen Gewässer krebseregende Pestizide zu finden sind. An den Küsten der Bretagne wird dies überdeutlich. Strände sind nicht mehr begehbar, weil sich Tonnen hochgiftiger Algen türmen, genährt von Nitraten, angereichert mit Medikamenten. Für Veolia und Suez ein ideales Geschäftsfeld – ihre immer kompliziertere und teurere Technik kann angeblich aus jedem verschmutzten Wasser trinkbares machen. Dies ist eine gefährliche Sackgasse, warnen Experten. Denn niemals werden alle Schadstoffe ausgefiltert und trotzdem steigen die Kosten fürs Trinkwasser immer weiter ins Unermessliche.

Dabei liegt die Lösung so nah und ist absolut kostengünstig: die Ausweisung von Wasserschutzgebieten, auf denen nur Biolandwirtschaft erlaubt ist! Nur: die Multis verdienen daran nichts, denn das bedarf der kommunalen Verantwortung: Die kommunale Wasserwirtschaft Münchens mit dem größten europäischen Biolandwirtschaftsgebiet ist auch in Frankreich ein viel beachtetes Beispiel.

Münchens Partnerstadt Bordeaux muss derweil ein vom dortigen Betreiber Suez lange ignoriertes Problem ausbaden: Das hervorragende Grundwasser der Aquitaine ist übernutzt und es droht die Zerstörung der Ressource durch eindringendes Salzwasser. Während Suez noch Werbung für höheren Wasserverbrauch machte, begann die Gemeinde bereits mit systematischen Wassersparmaßnahmen. Heute kann die Gemeinde stolz vermelden: 25% des Wasserverbrauchs wurden eingespart.

Doch sinkender Wasserverbrauch senkt die Rendite der Konzerne. Suez möchte daher das Grundwasser mit aufbereitetem Wasser aus der Garonne anreichern. Zum Glück gibt es aber noch unabhängige Wissenschaftler, die davor warnen, das hochbelastete Flusswasser als Ersatzressource zu begreifen.

Wissenschaftliche Unabhängigkeit ist jedoch nicht selbstverständlich. So gibt es an der Universität Montpellier bereits einen Suez-Lehrstuhl, und es soll auch ein Veolia-Lehrstuhl eingerichtet werden.

Nun kam ein Gutachten von Wasser-Wissenschaftlern aus Montpellier zum Ergebnis, dass die Quellen rund um die zentrale biologische Ader der Region, den Fluss Herault, geeignet seien, zusätzliches Wasser für die wachsende Region zu liefern. Alle bisherigen Gutachten hatten eindeutig gewarnt, dass damit das Biotop zerstört werde.

Gestützt auf das neue Gutachten begann Veolia mit der Bohrung ...

Bestechung, strukturelle Korruption scheinen auch zu den Geschäftspraktiken der Wasserkonzerne zu gehören wie das Beispiel von Grenoble zeigt. Bestochene wie auch Bestecher haben dabei direkte Verbindung zur obersten Staatsführung Frankreichs. Und auch in der EU und in den UN stehen Suez und Veolia im besten Kontakt zu den Quellen der Macht.

Doch in Frankreich wächst zusehens das Bewusstsein, die Melkkuh der Konzerne für ihre globalen Expansionspläne zu sein – und die Rekommunalisierungswelle rollt. Doch nicht nur dort: auch in Lateinamerika, den USA, Afrika und Europa ist die Rückkehr des Wassers in die Hände der Bürgerinnen und Bürger immer häufiger an der Tagesordnung. Der Film „Water Makes Money“ wird helfen, sich zu entscheiden.

Quelle: Water Makes Money